Verfahrenslots:innen
Im Rahmen des aktuellen SGB VIII-Reformprozesses wurde mit Verabschiedung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) die gesetzliche Grundlage für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe geschaffen. Die Ermöglichung von Hilfen aus einer Hand stellt ein Kernanliegen des KJSG dar. Im Rahmen eines dreistufigen Reformprozesses soll bis 2028 der Übergang zu einer einheitlichen sachlichen Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen – unabhängig von der Behinderungsart – vollzogen werden. Bereits im Rahmen der 1. Reformstufe, die zum 10.06.2021 in Kraft trat, wurden verschiedene Anker zur Vorbereitung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe implementiert. Zu Stufe 2 gehört ab 2024 die Einführung der Funktion der Verfahrenslots:innen (§ 10b SGB VIII) durch den öffentlichen Jugendhilfeträger. Die Umsetzung dieser mit dem KJSG neu eingeführten Funktion soll den Weg zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe ebnen, die den Inklusionsgedanken in ihren Strukturen, Verfahren und ihrem Leistungskanon dauerhaft verankert. Über die Implementierung der Funktion der Verfahrenslots:innen eröffnet sich dabei die Chance, grundsätzlich über notwendige organisationsinterne Schritte hin zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe nachzudenken, die über einen bloßen Wechsel der sachlichen Zuständigkeit hinausgeht.
Veröffentlichung der Arbeitshilfe zu den Verfahrenslots:innen:
Drei Modellkommunen (LK Germersheim, Stadt Speyer und Stadt Trier) wurden vom rheinland-pfälzischen Familienministerium in den Jahren 2022 und 2023 bei der Erprobung von Konzepten zur Umsetzung der Verfahrenslots:innen gefördert und vom ism begleitet. Basierend auf dem Modellprozess wurde eine Arbeitshilfe entwickelt, welche die Erkenntnisse, Erfahrungen und Praxistipps aus den Modellkommunen gebündelt darstellt. Diese kann nachfolgend heruntergeladen werden:
Dittmann, E., Kühnel, S., Kügler, N. & Schmutz, E. (2024). Verfahrenslots:innen. Neue Akteur:innen in der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe in Rheinland-Pfalz. Eine Arbeitshilfe zu Gestaltungsanforderungen und Praxisimpulse für die Umsetzung vor Ort.
Abschlusstagung: Konturen und Empfehlungen zur Umsetzung der Verfahrenslosten im Kontext der großen Lösung in Rheinland-Pfalz
Das ism hat im Jahr 2023 drei Modellkommunen in Rheinland-Pfalz (LK Germersheim, Stadt Speyer und Stadt Trier) bei der Umsetzung der Verfahrenslots:innen begleitet. Im Januar hat eine digitale Abschlussveranstaltung stattgefunden. Die Dokumentation und die Präsentationen der Inputgeber:innen können nachfolgend heruntergeladen werden:
- Dokumentation der Abschlussveranstaltung
- Präsentation: 1_Ergebnisse Modellprozess Input ism.pdf
- Präsentation: 2_Erfahrungsbericht Jugendamt Speyer Frau Koch.pdf
- Präsentation: 3_Erfahrungsbericht Jugendamt Trier Frau Herzer.pdf
- Präsentation: 4_Erfahrungsbericht Jugendamt Germersheim Frau Tokus.pdf
- Präsentation: 5_Blitzlichter auf den Prozess aus Sicht der Jugendhilfeplanung.pdf
Strategieworkshop für rheinland-pfälzische Jugendamtsleitungen am 14.03.2023: Der Verfahrenslotse. Anforderungen an Organisation, Konzept und Qualifikation
- Einladung und Programm der Veranstaltung
- Präsentation von Stefanie Ulrich zur rechtlichen Perspektive
- Präsentation von Prof. Dr. Albrecht Rohrmann zur Perspektive der Eingliederungshilfe
An dieser Stelle findet sich eine Materialsammlung zum Thema "Verfahrenslots:innen", welche den Akteuren im Feld der Kinder- und Jugendhilfe eine Informationsgrundlage und Orientierungshilfe hinsichtlich der vielfältigen Veröffentlichungen und Positionspapiere unterschiedlicher Institutionen bieten soll:
Positions-/Impulspapiere:
AFET: Impulspapier Verfahrenslots:innen
- Ein Impulspapier von Frederike Eilers für den AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. - verfasst.
AFET: Impulspapier Inklusive Jugendhilfeplanung
- Ein Impulspapier von Florian Hinken und Gunther Graßhoff für den AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. - verfasst.
AGJ: Positionspapier - Inklusion gestalten!
- "Inklusion gestalten! Wie inklusive Hilfen zur Erziehung möglich werden können." Ein im Mai 2022 von der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) veröffentlichtes Positionspapier zum Thema Inklusion.
BAGLJÄ: "Empfehlung zur Umsetzung der Verfahrenslotsen nach § 10b SGB VIII"
- Eine Empfehlung zur Umsetzung der Verfahrenslots:innen nach § 10b SGB VIII der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, beschlossen auf der 133. Arbeitstagung der BAGLJÄ vom 23. bis 25. November 2022.
BbP: "Verfahrenslotse als Inklusionslotse"
- Eine vom Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. (BbP) im Februar 2022 veröffentlichte Profilbeschreibung der Verfahrenslots:innen.
bvkm: "Der Verfahrenslotse nach § 10b SGB VIII. Eine Positionierung des bvkm"
- Aus seiner besonderen Perspektive heraus und in der Tradition als Elternverband formuliert der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e. V. (bvkm) vier zentrale Thesen zu Verfahrenslots:innen:
1. "Der Verfahrenslotse nimmt eine zentrale Position in einem ganzen Reigen von Instrumenten zur Umsetzung der inklusiven Jugendhilfe ein."
2. "Der Verfahrenslotse hat als Case-Manager für junge Menschen mit Behinderung und ihre Familien klare Alleinstellungsmerkmale."
3. "Der Verfahrenslotse kann seine Aufgabe nur in enger Vernetzung erfüllen."
4. "Der Verfahrenslotse hat ein besonderes Qualifikationsprofil."
DIJuF: "Positionspapier zum Verfahrenslotsen – § 10b SGB VIII"
- Ein im August 2022 herausgegebenes Positionspapier des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJuF) zum Themenbereich "Verfahrenslotsen - § 10b SGB VIII". Dieses Positionspapier beinhaltet Positionen und Vorschläge für die Umsetzung der neuen Rechtslage ab 2024 in die Praxis.
Thematischer Überblick:
Danny Ilgauds (04/2022): Auf dem Weg zu einer inklusiven Jugendhilfe
"Mit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) im Jahr 2021 hat der Gesetzgeber die Einführung von Verfahrenslotsen beschlossen. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Einblick in ihre Verortung und Aufgaben. Welche Heraus forderungen sind, vor allem für Jugendämter, mit dieser Stelle verbunden und welche Umsetzungsmodelle werden in der Praxis bereits entwickelt und diskutiert?"
Die Werkzeugkästen:
- "Das Bundesfamilienministerium hat ein Interessenbekundungsverfahren gestartet, um Kommunen dabei zu unterstützen, Verfahrenslosen als verlässliche Ansprechpersonen in den Jugendämtern einzuführen. Verfahrenslotsen sollen junge Menschen sowie ihre Eltern und Erziehungsberechtigten unabhängig unterstützen, ihre Ansprüche auf Leistungen der Eingliederungshilfe zu verwirklichen sowie ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Die Leistung hat der Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe zu erbringen. Sie haben nun die Aufgabe, bis 2024 entsprechende Fachkräfte aus- und fortzubilden."
- Die IReSA gGmbH will den Verfahrenslots:innen ein digitales Beratungssystem an die Hand geben und sie für ihre Arbeit qualifizieren. Die Arbeit der Verfahrenslots:innen soll durch den Einsatz eines webbasierten digitalen Beratungs- und Unterstützungssystems erleichtert werden. Dieses System wird möglichst selbsterklärend ausgestaltet. Die Kommunen können im Rahmen des Projektes bei der Implementierung mitwirken. Des Weiteren wird eine Kommunikationssoftware verfügbar gemacht, die einen schnellen und niedrigschwelligen fachlichen Austausch unter den bundesweit agierenden Verfahrenslotsen ermöglicht. Im Zuge des Projektes wird zudem ein Online-Kurssystem zur Qualifizierung der Verfahrenslots:innen aufgebaut.
- Zum 1. Oktober 2022 den EREV und den BVkE damit beauftragt, in einem 15-monatigen Projekt eine Empfehlung für ein Curriculum zur Qualifizierung der Verfahrenslots*innen zu entwickeln. Am 27. Juni 2022 hat das Bundesfamilienministerium im Rahmen der digitalen Auftaktveranstaltung "Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe!" einen strukturierten Beteiligungsprozess zur Umsetzung der "Inklusiven Lösung" gestartet.
Praxisbeispiele Verfahrenslots:innen:
Beispiel für ein landesweites Netzwerk Verfahrenslots:innen in Niedersachsen
"Da die Aufgabe des Verfahrenslotsen allerdings mit einem Rechtsanspruch verbunden ist, hat jedes Jugendamt die normative Verpflichtung, die Aufgabe des Verfahrenslotsen ab dem 01.01.2024 vorzuhalten. Um dem unterschiedlichen Stand und den Anforderungen und Umsetzungsmöglichkeiten dieser neuen gesetzlichen Aufgabe gerecht werden zu können, wurde im Rahmen der Integrierten Berichterstattung Niedersachsen (IBN) die Idee erarbeitet, ein landesweites „Netzwerk Verfahrenslotse“ zu gründen."
Materialien vom Landkreis Germersheim als Modellkommune
- "Konzeption: Einführung eines Verfahrenslotsen nach § 10b SGB VIII im Landkreis Germersheim"
- Formular Stellenbeschreibung Verfahrenslotse
- Schnittstellenpapier Eingliederungshilfe SGB VIII – SGB IX
DIJuF: Konzeptschablone Verfahrenslots:innen
- Eine "Konzeptschablone zur Entwicklung einer Stellenbeschreibung des Verfahrenslotsen" als Arbeitshilfe für Jugendämter vom DIJuF.
Exkurs Beratung von jungen Menschen mit Behinderung und ihre Familien:
bke Stellungnahme - Kinder und Jugendliche mit Behinderung und ihre Eltern kompetent beraten
- Die Stellungnahme der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. (bke) gibt einen Überblick über die inklusive Weiterentwicklung der Erziehungsberatung vor dem Hintergrund des im Juni 2021 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG). Hierbei werden Erwartungen an eine inklusionsorientierte Erziehungsberatung formuliert, das ICF-CY als Instrument der Diagnostik thematisiert sowie Aspekte der Arbeitsweise, zu denen eine inklusionsorientierte Ausrichtung des Teams, Niedrigschwelligkeit und Barrierearmut sowie die Kooperation und Vernetzung zählen, diskutiert. Es zeigen sich Schnittmengen zu den Herausforderungen und Zielsetzungen der Arbeit des Verfahrenslotsen, welche es zu reflektieren gilt.
"BeWEGt ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, mit dem exemplarisch gezeigt werden konnte, was alles möglich ist, wenn schnittstellenübergreifend gemeinsam und unter Einbeziehung der Familien gearbeitet wird. BeWEGt verfolgt das Ziel, die Beratung von Familien mit einem Kind mit Beeinträchtigungen so zu verbessern, dass die Familien Zugang zu all den Hilfen und Unterstützungen, die ihnen zustehen und die sie für die Bewältigung ihres Alltags brauchen, auch tatsächlich bekommen. In zwei Städten, Bielefeld und Bonn, wurde das Vorhaben umgesetzt."